Tuesday 4 December 2012

WELTMUSIK: Amadou & Mariam - Mali-Blues



Mali-Blues

Afro-Pop mit Amadou & Mariam ist Afrikas erfolgreichster Musik-Export



CW. Untergehakt werden sie von zwei Helfern auf die Bühne geführt und vorne im Scheinwerferlicht positioniert. Einer der Assistenten reicht  Amadou Bagayoko seine rote E-Gitarre, der andere Mariam Doumbia ein Mikrofon. Jetzt sind sie einsatzbereit – das Konzert kann beginnen. Trommelwirbel prasseln hernieder, der Bass hakt sich ein, die Gitarre steigt in luftige Höhen empor - und dann hebt der Afro-Pop von Amadou & Mariam ab.

Das Musikerehepaar aus Mali ist blind. Dennoch haben sie es im letzten Jahrzehnt zu weltweiter Popularität gebracht. Ihre Schallplatten wurden vergoldet, sie werden von Stars wie Damon Albarn (Blur) und Stevie Wonder hofiert, sind mit Coldplay und U2 aufgetreten und haben auf der Friedensnobelpreisfeier von Barack Obama gespielt. Amadou & Mariam sind zu Afrikas erfolgreichstem Musikexport im 21. Jahrhundert geworden. Ein Phänomen!

Fast bewegungslos stehen sie im übervollen Reutlinger Kulturzentrum Franz K im Bühnenlicht, während ihre siebenköpfige Begleitband ein Feuerwerk an elektrisierender Musik und ekstatischer Show abbrennt. Der Perkussionist feuert Salven von Trommelwirbeln ab,  Schlagzeuger und Bassgitarrist grooven was das Zeug hält und die Begleitsängerinnen legen ausgelassene Spring- und Hüpfttänze aufs Parkett, während Amadou seine flirrenden Gitarrenmelodien in den Saal hinauskatapultiert, die so anders klingen als die üblichen Rockgitarrensoli. Immer dichter und dichter wird die Musik, immer intensiver der Sound. Im Saal beginnt es zu brodeln. Viele Zuhörer tanzen, andere zucken im Rhythmus der Musik
 
Gehüllt in feinstes Tuch mit Goldbrokat besetzt sowie sündhaft teuren Designer-Sonnenbrillen, bilden Amadou & Mariam den Fels in der Brandung. Sie sind der Ruhepol im Herzen des Hurrikans, strahlen Autorität und Würde aus. Wenn Mariam mit ihrer dunklen Stimme einen neuen Song anstimmt und mit Anfeuerungsrufen den Rhythmus in Schwung bringt, ist klar, bei wem hier die Fäden zusammenlaufen.

Dass das Musikerehepaar weltweite Triumphe feiert, grenzt an ein Wunder. In Mali sind Blinde normalerweise einem Schicksal als Bettler geweiht. Amadou und Mariam trafen sich in den 60er Jahren in der einzigen Blindenschule des Landes und peilten zielstrebig eine Musikkarriere an. In den 90er Jahren wurde ein französischer Manager auf sie aufmerksam. Er brachte die beiden nach Paris, wo sie heute, wenn sie nicht auf Tournee sind, die meiste Zeit verbringen. Durch kluge Karriereschritte avancierte das “blinde Ehepaar aus Mali” zu einer Sensation in der Kategorie “Weltmusik”.

Ihr elektrischer Afro-Pop speist sich aus all den verschiedenen Stile, die irgendwann in den letzten 40 Jahren in Afrika einmal populär waren: kubanischen Rumba, französische Chansons, Funk, Soul und westafrikanische Gitarrenklänge. In dieser energiegeladenen Musik voller Drive hört man Gitarrenriffs, wie sie typisch für den “Mali Blues” sind, der von Ali Farka Touré im Verein mit Ry Cooder im Westen bekannt gemacht wurde. Oft gibt Mariam eine Zeile vor, die von den beiden Begleitsängerin aufgenommen und zurückgeworfen wird. Amadou & Mariam sind zu musikalischen Botschaftern für Afrika in der Welt geworden. Das Publikum lag ihnen zu Füßen.

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