Mali-Blues
Afro-Pop
mit Amadou & Mariam ist Afrikas erfolgreichster Musik-Export
CW. Untergehakt
werden sie von zwei Helfern auf die Bühne geführt und vorne im
Scheinwerferlicht positioniert. Einer der Assistenten reicht Amadou Bagayoko seine rote E-Gitarre, der
andere Mariam Doumbia ein Mikrofon. Jetzt sind sie einsatzbereit – das Konzert
kann beginnen. Trommelwirbel prasseln hernieder, der Bass hakt sich ein, die
Gitarre steigt in luftige Höhen empor - und dann hebt der Afro-Pop von Amadou
& Mariam ab.
Das Musikerehepaar
aus Mali ist blind. Dennoch haben sie es im letzten Jahrzehnt zu weltweiter
Popularität gebracht. Ihre Schallplatten wurden vergoldet, sie werden von Stars
wie Damon Albarn (Blur) und Stevie Wonder hofiert, sind mit Coldplay und U2
aufgetreten und haben auf der Friedensnobelpreisfeier von Barack Obama
gespielt. Amadou & Mariam sind zu Afrikas erfolgreichstem Musikexport im
21. Jahrhundert geworden. Ein Phänomen!
Fast
bewegungslos stehen sie im übervollen Reutlinger Kulturzentrum Franz K im Bühnenlicht,
während ihre siebenköpfige Begleitband ein Feuerwerk an elektrisierender Musik
und ekstatischer Show abbrennt. Der Perkussionist feuert Salven von
Trommelwirbeln ab, Schlagzeuger und
Bassgitarrist grooven was das Zeug hält und die Begleitsängerinnen legen
ausgelassene Spring- und Hüpfttänze aufs Parkett, während Amadou seine
flirrenden Gitarrenmelodien in den Saal hinauskatapultiert, die so anders
klingen als die üblichen Rockgitarrensoli. Immer dichter und dichter wird die
Musik, immer intensiver der Sound. Im Saal beginnt es zu brodeln. Viele Zuhörer
tanzen, andere zucken im Rhythmus der Musik
Gehüllt
in feinstes Tuch mit Goldbrokat besetzt sowie sündhaft teuren Designer-Sonnenbrillen,
bilden Amadou & Mariam den Fels in der Brandung. Sie sind der Ruhepol im
Herzen des Hurrikans, strahlen Autorität und Würde aus. Wenn Mariam mit ihrer
dunklen Stimme einen neuen Song anstimmt und mit Anfeuerungsrufen den Rhythmus in
Schwung bringt, ist klar, bei wem hier die Fäden zusammenlaufen.
Dass das Musikerehepaar
weltweite Triumphe feiert, grenzt an ein Wunder. In Mali sind Blinde
normalerweise einem Schicksal als Bettler geweiht. Amadou und Mariam trafen
sich in den 60er Jahren in der einzigen Blindenschule des Landes und peilten
zielstrebig eine Musikkarriere an. In den 90er Jahren wurde ein französischer
Manager auf sie aufmerksam. Er brachte die beiden nach Paris, wo sie heute,
wenn sie nicht auf Tournee sind, die meiste Zeit verbringen. Durch kluge
Karriereschritte avancierte das “blinde Ehepaar aus Mali” zu einer Sensation in
der Kategorie “Weltmusik”.
Ihr
elektrischer Afro-Pop speist sich aus all den verschiedenen Stile, die
irgendwann in den letzten 40 Jahren in Afrika einmal populär waren: kubanischen
Rumba, französische Chansons, Funk, Soul und westafrikanische Gitarrenklänge. In
dieser energiegeladenen Musik voller Drive hört man Gitarrenriffs, wie sie
typisch für den “Mali Blues” sind, der von Ali Farka Touré im Verein mit Ry
Cooder im Westen bekannt gemacht wurde. Oft gibt Mariam eine Zeile vor, die von
den beiden Begleitsängerin aufgenommen und zurückgeworfen wird. Amadou &
Mariam sind zu musikalischen Botschaftern für Afrika in der Welt geworden. Das Publikum lag ihnen zu Füßen.
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