Musikalischer
Weltenbummler
Deutschrock-Urgestein
Roland Schaeffer profiliert sich als Brückenbauer zwischen West und Ost
cw. Das
Telefon klingelt. Als abgenommen wird, hört man eine Stimme einen indischen
Rhythmus deklamieren. Dann setzen Schlagzeug und Keyboards ein. Darüber legt sich
der mächtige Klang einer indischen Holzoboe, die eine verschlungene orientalische
Melodie bläst. So beginnt das aktuelle Album “Tiru” des Roland Schaeffer Trios.
Ethno-Jazz heißt die Fahrtrichtung, in die sich die Gruppe bewegt. In die Musik
fließt die Erfahrung einer langen Karriere als Profimusiker ein. Seit 45 Jahren
ist Roland Schaeffer (Jahrgang 1950) im Geschäft.
Der
Saxofonist, Gitarrist und Komponist aus Baden-Baden zählt zum Urgestein der Rockszene
in Deutschland. Ende der sechziger Jahre gründete er als 18-Jähriger die Gruppe
Fashion Pink, die für den Südwestfunk erste Aufnahmen machte. Aus dieser Gruppe
ging 1972 die Formation Brainstorm hervorging. Mit Brainstorm nahm Schaeffer zwei
Alben auf, die in den siebziger Jahren einigen Staub aufwirbelten und heute
noch bei Kennern große Hochachtung genießen. Der Jazzrock der Band mit seinen
komplizierten Rhythmen und schillernden Klangfarben konnte es mit den Besten
der Stilrichtung aufnehmen.
Guru Guru mit Roland Schaeffer (ganz rechts), 1976
Als
Brainstorm auseinanderfiel, schloß sich Schaeffer der Gruppe Guru Guru an, die
Mitte der siebziger Jahre eine bekannte ‘Krautrock’-Formation war. Später trat
Schaeffer dann mit der “Weltmusik”-Formation Embryo auf und stieg für ein paar
Tourneen nach Fernost bei den Dissidenten ein, was sein Interesse an den Klänge
des Orients noch weiter stimulierte.
Nach
einer Auszeit von ein paar Jahren ist Schaeffer heute wieder mit Guru Guru unterwegs.
Daneben tritt er mit seinem eigenen Trio auf, zu dem der Organist Rainer
Granzin und der Schlagzeuger Markus Faller gehören, die beide problemlos
Schaeffers Söhne sein könnten.
Die
Musik des Trios ist vollgesogen mit den Tönen und Rhythmen, die sich Schaeffer auf
den vielen Reisen nach Indien angeeignet hat. In Bangalore (Südiniden) spielte er
Konzerte mit dem Karnataka College of Percussion, einer renommierten
Trommelschule. Er nahm Trommel- und Gesangsunterricht und tauchte in den
Klangkosmos der südindischen Musik ein. Ein Instrument zog den Saxofonisten
besonders in den Bann: Das Blasinstrument Nagaswaram ist eine Schalmei aus
Ebenholz mit einem äußerst durchdringenden Ton, die in der Tempelmusik eine
wichtige Rolle spielt. Bei einem Nagaswaram-Meister fing Schaeffer in Indien an,
die Holzoboe zu studieren.
Heute
sieht sich der Baden-Badener als Grenzgänger zwischen Abendland und Morgenland,
ein musikalischer Weltenbummler, der sich mühelos in verschiedenen Klangwelten
zu bewegen weiß und sie souverän miteinander verbindet. In seiner Musik geht
die uralte Musikkultur Indiens mit den modernen Sounds des Westens eine
organische Synthese ein.
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