Tuesday 22 July 2014

DAVID ROSS & CLIVE BELL: Recovery Suite

Im Zen-Garten der Klänge: Shakuhachi und Elektronik

cw. Die japanische Bambusflöte Shakuhachi ist in der buddistischen Meditationspraxis das Medium, den Atem hörbar zu machen. Entsprechend aufgerauht und heißer klingt ihr Ton. Begleitet von starken Luftgeräuschen erinnert der Klang der Shakuhachi an das Heulen des Winds, der über einen kahlen Berghang streicht.

Clive Bell aus London ist einer der profiliertesten Shakuhachi-Spieler der westlichen Hemisphäre. Seine Referenzliste reicht von David Sylvian über Bill Laswell bis zu Jaki Liebezeit. Obwohl der Engländer zwei Jahre beim Meister Kohachiro Miyata in Tokyo studiert hat, ist er kein Solist der klassischen Tradition, sondern nutzt das alte Holzinstrument zum kreativen Improvisieren.

Mit dem Elektroniker David Ross bildet Bell ein fulminantes Duo, das sich in sicherer Entfernung zu jedem elektronischen Ethno-Kitsch bewegt. Ross setzt mit diversen analogen Oszillatoren und Effektgeräten ein Gezeitenspiel aus immer wiederkehrenden Klangwellen in Gang. Oft unterlegt er die “soundscapes” mit dem dezenten Beat einer alten russischen Drummaschine, läßt es blubbern, knistern und zischen, ab und zu sogar ziemlich harsch knarzen.

Clive Bell kann seine Flötentöne so gewaltig aufbrausen lassen, dass für einen kurzen Moment alle anderen Klänge dahinter verschwinden. Ein spannendes Verwirrspiel entfaltet sich um das Rätsel, welche Töne akustischer und welche synthetischer Natur sind oder ob es sich vielleicht um elektro-akustische Verfremdungen handelt? Dieser Zen-Garten der Klänge steckt voller Geheimnisse.


David Ross & Clive Bell: Recovery Suite (ini.itu)

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