Blutige Mörderballaden
Der schottische Folksänger Alasdair Roberts im Konzert
Fotos: C. Wagner
cw. Die britische Tageszeitung The Guardian hat vor ein paar Wochen Shirley Collins nach dem Folksänger oder der Folksängerin befragt, die ihrer Ansicht nach mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, woraufhin die große alte Dame des englischen Folk antwortete: „Alasdair Roberts ist mein Lieblingssänger. Er hat eine ausdrucksstarke Stimme und geht die Balladen ohne Umschweife an. Manchen Musikern ist ihre Musik wichtiger als der Erfolg, was ich bewundere.“
Gestern Abend (30. September 2023) trat Alasdair Roberts in Todmorden im Centre for Folklore, Myth & Magic auf, das tagsüber ein Café mit Bäckerei ist. Zu meiner Überraschung war das Konzert ausverkauft, doch in Todmorden existiert seit längerem eine vitale Musikszene, von Leuten, die sich für eine enorme Bandbreite von Musik interessieren, von Folk bis zur Avantgarde.
Roberts, der schwäbische Wurzeln hat (seine Mutter stammt aus Reutlingen), ist in Glasgow zuhause. Er bestritt den ersten Teil des Konzerts mit Songs aus seinem aktuellen Album „Grief in the Kitchen and Mirth in the Hall“, das er solo, also nur mit Gitarrenbegleitung, aufgenommen hat und das – wie fast alle seine Veröffentlichungen – auf dem amerikanischen Label Drag City erschienen ist.
Alasdair Roberts: My Bonny Moorhen (Youtube)
Dabei kamen durchweg sehr ernsthafte Lieder zur Aufführung, Songs, die Roberts traditionellen Sängern aus Irland und Schottland abgelauscht hat und die aus grauer Vorzeit von blutigen Morden, Verrat und Hinterhalt berichten. Mit "My Wonderful Grey Horse" hob er an, einer Ballade, die von einem mythisch-magischen Pferd berichtet, das immer bei entscheidenen Ereignissen der Menschheitsgeschichte auftaucht, ob bei Adam und Eva im Paradies oder der Schlacht von Waterloo. Solche Lieder gehen unter die Haut, auch wenn man nicht jede Einzelheit der Geschichte gleich versteht. In der zweiten Konzerthälfte kamen dann Songs aus Roberts‘ „Backkatalog“ zur Aufführung, von denen einige vom Folksänger aus Glasgow selber stammten und die er in äußerst intensiver Manier anstimmte. Mit einer unbegleiteter Ballade als Zugabe endete das Programm.
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