Thursday 16 November 2023

James Brandon Lewis in Singen

In den Fußstapfen von Riesen

Der neue Star des amerikanischen Jazz James Brandon Lewis in Singen zu Gast


James Brandon Lewis Quartet in Singen (Fotos: C. Wagner) 



 

cw. Der Pianist haut kräftig in die Tasten, während der Bassist wuchtig die Saiten anschlägt und der Schlagzeuger einer donnernden Rhythmus trommelt – und dann setzt mit mächtigem Ton wie ein Orkan das Saxofon ein. Voll und voluminös läßt der afro-amerikanische Jazzmusiker James Brandon Lewis sein Horn erklingen. 

 

In den letzten fünf Jahren hat sich der Saxofonist aus New York von einem Niemand in die erste Reihe des internationalen Jazz gespielt und zieht mittlerweile eine beachtliche Menge an Jazzfans an, wie das Konzert beim Jazzclub Singen zeigte. In seinen verschlungenen Melodielinien klingt das Echo der langen Geschichte des Jazzsaxofons wider, wobei Übervater John Coltrane alle überragt. James Brandon Lewis bewegt sich in den Fußstapfen von Riesen. 

 

Doch genauso stark wie der Einfluß von Coltrane ist die schwarze Gospelmusik. Sie verleiht Brandon Lewis‘ Spiel eine vokale Qualität, als würde er sein Instrument „sprechen“ lassen, ähnlich einem afro-amerikanischen Priester, der sich in Ekstase predigt. Ein Stück, das der Saxofonist völlig alleine spielt, gleicht dann auch in seiner ruhigen, hymnischen Kraft einer Gebetsandacht.


 

Seit 2012 ist James Brandon Lewis in New York daheim und hat ungefähr mit jedem Musiker gespielt, der im Jazz momentan Rang und Namen hat. All diese Bandprojekte zeugen von der enormen Bandbreite an Stilen, in denen sich der Tenorsaxofonist souverän zu bewegen weiß. Einerseits führt er das Erbe der schwarzen Jazztradition fort, andererseits taucht er immer wieder in moderne Klangwelten ein, ob „funky“ oder rockig.    

 

Das Repertoire, das er mit seinem Quartett präsentiert, reicht von druckvoll-expressivem Powerplay bis zu lyrisch-versunkenen Balladen und enthält rasante Tempostücke genauso wie Kompositionen gemächlicherer Gangart. Der Bandleader weiß, wie man Kontraste setzt, wobei ihm mit Aruan Ortiz (Klavier), Brad Jones am Bass und Schlagzeuger Chad Taylor drei absolute Könner zur Seite stehen. 


 

Oft gehen die Musiker mit ihren Stücken bis an die Grenzen von Harmonik und Rhythmus, um sich dann ins freie Spiel der schieren Ekstase zu stürzen. Bei solcher „Fire Music“ wird Brandon Lewis‘ Horn zu einem feuerspeienden Flammenwerfer, während seine Mitmusiker sich gleichfalls in vulkanartigen Ausbrüchen ergehen. Kaum ist der Klimax erreicht, schaltet der Bandleader drei Gänge zurück und haucht in sein Instrument ganz zart und fein. 

 

Was den Hörgenuss etwas störte, war die Unausgewogenheit des Gruppenklangs: Das Schlagzeug war zu laut und überdeckte oft die Feinheiten des Pianospiels. Auch hätte wohl ein einziges Schlagzeugsolo genügt, während drei Trommelorgien dann doch eindeutig des Guten zu viel waren.  

 

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