Wednesday 21 February 2024

Moderner Jazz im Bigband-Stil: Sarah Chaksad

Klangfarbenreichtum

 

Sarah Chaksad mit ihrem „Large Ensemble“ vor vollen Rängen beim Jazzclub Singen

 

Fotos: C. Wagner



 

Vor knapp hundert Jahren stand die Jazzbigband im Zenit ihrer Popularität. Mit ihrem Swing zogen Bandleader wie Duke Ellington, Paul Whiteman oder Fletcher Henderson Tausende von Jazzbegeisterten an, die ausgelassen zu den Rhythmen im „Jungle Style“ tanzten.

 

Je mehr der Jazz sich danach aus dem Zentrum der populären Musik zurückzog und von Tanz- zu Kunstmusik wurde, umso kleiner wurden die Ensembles, weil niemand mehr ein großes Orchester bezahlen konnte. Die Zuschauerzahlen gaben das einfach nicht mehr her. Heute unterhalten in Deutschland fast ausschließlich noch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eigene Bigbands, während ansonsten kleine Ensembles im Trio- oder Quartett-Format das Bild der improvisierten Musik bestimmen.

 

Umso bemerkenswerter ist Sarah Chaksad. Die junge schweiz-iranische Altsaxofonistin, Komponistin und Arrangeurin, 1983 in Luzern geboren, hat sich von wirtschaftlichen Bedenken nicht schrecken lassen und ein „Large Ensemble“ zusammengestellt, das mit seinen 13 Mitgliedern an eine kleine Bigband heranreicht und kaum auf die Bühne der „Gems“ passt. Sechs Männer und sieben Frauen bilden die Gruppe, ausnahmslos internationale Spitzenkönner, deren Bandbreite von noch unbekannten Talenten (etwa: Fabian Willmann, Jg. 1992 – Tenorsaxofon) zu arrivierten Namen (wie Julia Hülsmann am Klavier oder Eva Klesse am Schlagzeug) reicht.


Während die klassische Bigband-Besetzung aus 5 Saxofonen, 4 Trompeten, 4 Posaunen und einer Rhythmusgruppe aus Schlagzeug, Gitarre, Baß und Klavier bestand, hat sich – seit Gil Evans – das Instrumentarium zeitgenössischer Bigbands um einiges erweitert. Von der Tuba und dem B-Horn über Querflöte bis zur Klarinette und Baßklarinette sorgen immer mehr außergewöhnliche Instrumente für immer größere Klangvielfalt.

 

Chaksad behandelt ihr Orchester wie ein Maler seine Palette. Jedes Instrument bildet eine Klangfarbe, die sich alle miteinander kombinieren und mischen lassen, was ein fast unendliches Spektrum an Sounds ergibt, die die Komponistin mit kühnen Strichen auf die Leinwand aufträgt. 

 

Die Kompositionen nutzen die ganzen Möglichkeiten der Dynamik – von wuchtig laut bis ziemlich leise. Manchmal spielt nur ein einzelnes Instrument, dann wieder der volle Satz, wobei die Musik geschickt von auskomponierten Passagen zur Improvisation übergeht. Jedes Bandmitglied kommt so maximal auf zwei Soli am Abend, was die jeweiligen Solisten anspornt, ihr ganzes Können in diese raren Momente der kreativen Entfaltung zu legen. 



Auf dem Bukkehorn stach die norwegische Trompeterin Hildegunn Øiseth hervor, die dem ausgehöhlten Horn einer Ziege archaische-raue Töne entlockte, die wie von einer mittelalterlichen Holztrompete klangen. Als ähnliche Überraschung erwies sich die französische Klarinettistin Catherine Delaunay, die mit samtweichen Tönen einen deutlichen Kontrast zu den scharfen Einwürfen der Blechbläser schuf. Insgesamt entpuppte sich der Abend als eine überaus gelungene Präsentation abwechslungsreicher, moderner Jazzmusik im Bigband-Stil, von der das zahlreiche Publikum gerne noch mehr gehört hätte. 


Sarah Chaksad Large Ensemble: Together (Clap Your Hands)





 

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