Friday 20 September 2024

Fabian Dudek in Singen

Jazzmusiker als Slalomläufer

Das Fabian Dudek Sextett beim Jazzclub Singen in der Gems


                                            Foto: Christoph Wagner

  

Neben Berlin gilt die Kölner Jazzszene zur Zeit als die interessanteste in Deutschland. In der Domstadt tummeln sich etliche hochkarätige Jazzmusiker, die mehr und mehr ins Rampenlicht drängen. Da schießt gerade eine junge Generation aus den Startlöchern, von denen Fabian Dudek einer der Talentiertesten ist. 

 

Der Altsaxofonist, Jahrgang 1995, begreift sich nicht ausschließlich als Instrumentalist und Bandleader, sondern vor allem als Komponist, der ambitioniert neue Wege geht. Mit seinem Sextett stellte er in der Besetzung mit Flöte, Altsaxofon, Trompete, Piano, Baß und Schlagzeug in Singen sein aktuelles Doppelalbum vor (Titel: Protecting A Picture, That’s Fading), das sich wie das Konzert in zwei Hälften teilt, mit einer kurzen Unterbrechung (zum Wechseln der beiden CDs) in der Mitte.  

 

Dudek entwirft Kompositionen im Großformat, die einem vertrakten Slalomlauf gleichen, unerwartete Haken schlagen, manchmal mächtig beschleunigen, um dann abrupt abzubremsen. Was die Klanglichkeit betrifft, bevorzugt der Kölner rauhe und schroffe Sounds genauso wie schrille Töne. Wenn er gelegentlich die Piccolo-Flöte von Pauline Turrillo und die hohen Tastenanschläge des Pianos von Felix Hauptmann in kurzen Staccati vereint, wirken solche Töne wie Nadelstiche, die durch Mark und Bein gehen.

 

Dudek baut Fallgruben, Geheimtüren und doppelte Böden in seine Stücke ein, deren Arrangements oft ganz andere Wege gehen, als erwartet. Die Melodien, unterlegt von diffizilen Rhythmen, sind voller Widerhaken, wobei manchmal neben dem Schlagzeug auch Klangstäbe und Metallperkussion Akzente setzen. 

 

Alle sechs Musiker sind versierte Könner auf ihren Instrumenten, die sie mit einer Virtuosität beherrschen, die einen bei solch jungen Musikern doch Staunen läßt. Darüberhinaus kennen sie die Jazzgeschichte in- und auswendig, sind mit den Konzepten der Jazz-Moderne ebenso vertraut wie mit den Techniken der E-Musik-Avantgarde. In seinem Saxofonspiel zieht Dudek immer wieder vor seinen Heroen den Hut, den Jazzgiganten Ornette Coleman, Albert Ayler und Anthony Braxton. 

 

Möglicherweise zielt der Komponist mit seinen Mega-Kompositionen zu hoch. Motive, Atmosphären und Stimmungen sehen sich selten zur Genüge erkundet, vielmehr springt die Musik wie bei einem Slalomlauf in atemloser Manier von einer Idee zur nächsten. Mehr Ruhe hätte ihr gut getan.

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