„Gestatten – ich bin der Elektrolurch!”
Guru Guru-Bandleader Mani Neumeier wird achtzig – der Drummer gilt als Urvater des Krautrock
cw. In den 60er und 70er Jahren spielte er ganz vorne mit. Mani Neumeier galt neben den Monsterdrummern Ginger Baker (Cream) und Jon Hiseman (Colosseum) als einer der besten Schlagzeuger zwischen Jazz und Rock. Mit seinem originellen und kraftvollen Trommelspiel prägte er den Sound der Rockgruppe Guru Guru. Die Band war eine der profiliertesten Formationen des deutschen Underground und erregte selbst in Großbritannien und Frankreich Aufsehen. Am 31. Dezember wird der Schlagzeuger aus dem Odenwald 80 Jahre alt.
Neben seinen Trommelkünsten profilierte sich Mani Neumeier als versierter Entertainer. Er war einer der wenigen, der es verstand, psychedelische Sounds mit Schabernack und fröhlicher Ausgelassenheit zu verbinden. Mit dem „Elektrolurch” schuf er eine Bühnenfigur, die lange bei Auftritten für Spaß und gute Laune sorgte. Wenn sich Neumeier die bunte Maske mit üppigen Kopfschmuck überstülpte und auf der Bühne herumtollte, geriet das Publikum regelmäßig aus dem Häuschen.
Jazz war Neumeiers erste Leidenschaft. 1940 in München geboren, kehrte er 1953 nach der Scheidung der Eltern mit seiner Schweizer Mutter nach Zürich zurück. Hier absolvierte er eine Klempner-Lehre und fing mit 17 mit dem Schlagzeugspiel an. Ein Auftritt von Louis Armstrong brachte ihn zum Jazz. 1963 traf der junge Drummer die Pianistin Irène Schweizer und absolvierte erste Auftritte mit deren Trio. Tagsüber schuftete Neumeier auf dem Bau, nachts trat er in Jazzkellern auf. Immer tiefer tauchte er in die aufkeimende Freejazz-Szene ein. Er spielt mit dem Manfred Schoof Quintett, mit Alexander von Schlippenbachs Globe Unity Orchestra und Wolfgang Dauner.
„Ich war der erste Drummer in Europa, der frei spielte,“ meint er heute selbstbewußt. Allerdings war das Jazzpublikum überschaubar, und Neumeier wollte höher hinaus. 1968 sagte er dem Jazz ade und gründete die Rockgruppe Guru Guru. “Wir waren wegen Jimi Hendrix von den Klänge fasziniert, die man mit elektrischen Instrumenten und Verstärkern machen konnte,“ erinnert er sich. Die Band hatte mit ihren wilden Sounds Erfolg, die oft unter Drogeneinfluß produziert wurden. Das kam an. Über Jahre füllte Guru Guru die mittelgroßen Hallen in der Bundesrepublik, obwohl der große Durchbruch aufs internationale Parkett nie gelang.
Mani Neumeier bei einer Straßenaktion anläßlich der Internationalen Essener Songtage 1968
Guru Guru stand über Jahrzehnte im Zentrum von Neumeiers Aktivitäten. Dazu kamen Seitenprojekte, ob mit Conny Plank, Dieter Möbius oder Musikern der Gruppe Kraan. Vor allem die ethnischen Klänge Asiens zogen ihn mehr und mehr in den Bann. Indische Trommeln, balinesische Gamelan-Musik, japanisches Gagaku. Der Tavil-Trommler Paramashivan Pillai wohnte zeitweise in der Guru Guru-Kommune im Odenwald und weihte Neumeier in die Geheimnisse der indischen Trommelkunst ein. Lange Jahre verbrachte Neumeier den Winter in Indien.
Obwohl die Blütezeit längst vorbei ist, hält Neumeier das Banner des „Krautrock” weiterhin hoch. Vor allem in Japan steht er noch immer hoch im Kurs. Junge Musiker dort vergöttern ihn als einer der Urväter des Underground. Mit Mitgliedern der japanischen Rockgruppe Acid Mother Tempel hat er das Powertrio Acidmotherguruguru gegründet. Auch mit 80 Jahren und 60 Jahren auf der Bühne denkt Mani Neumeier noch lange nicht ans Aufhören.
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