Friday, 25 April 2025

Scheibengericht Nr. 39: Chris Cundy – Of All The Common Flowers

Solomusik auf der Bassklarinette

Der Engländer Chris Cundy


Die Bassklarinette ist im Jazz nicht gerade ein gebräuchliches Instrument. Eric Dolphy hat ihr in den 1960er Jahren zum ersten Mal zu Prominenz verholfen. Dann trug Anfang der 1970er Jahre ihr spezieller Klang, gespielt von Bennie Maupin, auf Herbie Hancocks “Sextant”-Album zum eigenständigen Sound seines Mwandishi-Sextets bei. Danach ließ Ned Rothenberg in den 1980er Jahren mit ein paar beachtlichen “mehrstimmigen” Bassklarinetten-Titeln aufhorchen, während sich heute Improvisatoren wie Rudi Mahall fast vollständig der Bassklarinette verschrieben haben. 

Chris Cundy ist ein Musiker  aus Großbritannien, der nunmehr bereits sein drittes Album ausschließlich mit Solomusik auf der Bassklarinette vorgelegt hat. Einst fand der Holzblattbläser durch Eric Dolphy zu dem Instrument. Wem Solomusik zu speziell erscheint oder zu spartanisch (wegen der fehlenden Band), sollte seine Resentiments zurückstellen und Cundy eine Chance geben, denn seine Bassklarinetten-Musik ist weder spröde noch abstrakt, sondern schwebt auf wunderbare Weise zwischen Melodie, Sinnlichkeit und Imagination. 


Sein Klang ist warm, selbst wenn er in die Oberton-Lagen des Instruments geht. Und dann erst die Tiefenzonen, die Basstöne – sie lassen den Klang des Instruments noch sonorer als sonst in Erscheinung treten. In ihrem natürlichen Fluß, ihrer Verschlungenheit und Vielschichtigkeit erinnern manche von Cundys Stücken entfernt an die barocken Solowerke von Johann Sebastian Bach, in der Art wie er Motive anspielt, kontrapunktisch weiterführt und weiterdenkt, um dann wieder aufs Anfangsthema zurückzukommen. Das ist stimmig und zeigt einen Künstler mit eigenem Kopf und von beachtlicher Reife.




Chris Cundy: Of All The Common Flowers (ear to the ground ETG)


Zum Reinhören:

https://chriscundy.bandcamp.com/album/of-all-the-common-flowers

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