Jackos Wiedergeburt
Das “Michael Jackson”-Projekt des Jazztrompeters Enrico Rava
cw. Enrico Rava ist der bekannteste Jazzmusiker
Italiens und einer der wenigen, den man auch außerhalb seines Heimatlands kennt
1939 geboren, zog es den Trompeter schon
in jungen Jahren nach Amerika, wo er sich Ende der 60er Jahre auf der New
Yorker Avantgarde-Szene einen Namen machte. Seine musikalische Karriere spannt
sich inzwischen über fast ein halbes Jahrhundert, wobei er Dutzende von
Schallplatten eingespielt hat, die ihn als kreativen Geist ausweisen, einen
Jazzer ohne Scheuklappen, der sich auch mit anderen Musikstilen wie Oper oder
Folklore auseinandersetzt.
Bei Pop hörte allerdings die
Neugierde auf. Oft sind Jazzmusiker Snobs, die ihren Stil für die Krönung der
Schöpfung halten: die einzig wahre Musik und der Popmusik um Längen überlegen. Enrico
Rava machte hier keine Ausnahme. Erst mit dem Tod von Michael Jackson 2009,
wurde er auf die Musik des amerikanischen Superstars aufmerksam, was einer
Erleuchtung gleichkam. “Von da an nahm Michael Jackson mein Leben in Beschlag”,
räumt Rava ein. “Ich kaufte alle CDs und Videos, die ich finden konnte. Zu
meiner Schande musste ich eingestehen, dass ich einen der Giganten der Musik
des 20. Jahrhunderts einfach ignoriert hatte – ein totaler Künstler,
Perfektionist und Genie.”
Die Reise in das Werk von Michael
Jackson blieb für Rava nicht ohne Folgen. Zusammen mit den jungen Musikern vom
Parco della Musica Jazz Lab nahm er ein Popprojekt zur Ehren “Jackos” in Angriff.
Rava suchte seine Lieblingstitel des “King of Pop” aus und gab dem Arrangeur
Mauro Ottolini den Auftrag, sie in Stücke für Jazzbigband zu verwandeln, was
diesem auf äußerst interessante Weise gelang. In Rom wurde dann letztes Jahr
das Programm in einem Live-Konzert für eine CD-Veröffentlichung eingespielt,
die inzwischen beim Münchner Renommierlabel ECM unter dem Titel “Rava on the
Dance Floor” erschienen ist. Am 27. Juni präsentiert das zwölfköpfige Orchester
unter der Regie von Enrico Rava das Programm in der Stadthalle in Singen.
Die Musik versucht dem Geist von
Michael Jackson gerecht zu werden. Harte Gitarrenriffs, wuchtige Bläsersätze
und sprudelnde Perkussion geben den Stücken eine außergewöhnliche Farbigkeit,
wobei selbst solche Megahits wie “Thriller” nicht ausgeleiert klingen. Den
italienischen Jazzmusikern gelingt es auf verblüffende Weise, den Popklassikern
eine neue Dimensionen abzugewinnen. Michael Jackson erlebt in diesem Projekt
eine Auferstehung, wenn auch in jazziger Gestalt.
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