Auf der Höhe der Zeit
Der amerikanische Kontrabassist Stephan Crump und sein Rhombal Quartet vor begeistertem Publikum
cw. Stephan Crump ist ein Jazzmusiker, der sich nicht ins Rampenlicht drängt – im Gegenteil: Der New Yorker ist einer der Stillen und Bescheidenen der internationalen Jazzszene, obwohl er seit Jahren in der ersten Liga spielt. Als Bassist im Ensemble des Pianisten Vijay Iyer, der momentan vielleicht „besten Jazzcombo der Welt“ (so das renommierte Musikmagazin Downbeat), belegt Crump seit Jahren vorderste Plätze in den Kritikerpolls. Wenn es sein voller Terminkalender erlaubt, widmet er sich eigenen Bandprojekten, von denen das Rhombal Quartet vielleicht das bedeutenste ist. Beim Jazzclub Singen stellte sich die Gruppe im Kulturzentrum Gems erstmals im deutschen Südwesten einem begeisterten Publikum.
Drei Musiker hat Crump um sich geschart, die alle durch eine sehr individuelle Spielweise aufhorchen lassen. Da ist zum einen Tenorsaxofonist Ellery Eskelin, der einen lyrischen, abgeklärten Stil pflegt und dem es gelingt, seine singbaren Improvisationen mit wenigen Noten zu gestalten. Dagegen ist der junge Trompeter Adam O'Farrill eher ein Heißsporn, der mit starkem Atem und großer Virtuosität Feuer in die Musik bläst. Kassa Overall am Schlagzeug spielt pfiffig und einfallsreich und sorgt mit großem Gespür im Gespann mit dem geschmeidigen Bassspiel von Crump für punktgenaue Akzente und einen federnden Beat, über dem sich die Solisten optimal entfalten können.
Das erste Album der Gruppe, das vor zwei Jahren erschien, war Crumps verstorbenem Bruder gewidmet und deswegen von einer melancholischen Stimmung getragen. Die Kompositionen, die von dieser Einspielung stammten, zeichnen sich durch ein gemächliches Tempo und weite Melodiebögen aus. Sie sind transparent konstruiert, weil kein Akkordinstrument wie Klavier oder Gitarre die Musik zu sehr verdichtet. Dazwischen plazierte die Gruppe neuere Stücke, die Crump als „Songs“ bezeichnet. Sie sind in einem zügigeren Zeitmaß gehalten und folgen durchweg einem strengen Aufbau. Bei Stephan Crump’s Rhombal Quartet steht unverkennbar die kompositorische Form im Vordergrund.
Oft tasten sich die beiden Bläser sehr zaghaft in eine Melodie hinein, deuten sie zuerst nur an, werfen Klangfetzen ein und spielen sich gegenseitig kurze Fragmente zu, bevor das Thema erst nach einiger Zeit komplett erscheint, um abermals weiterentwickelt und improvisatorisch variiert zu werden. Dabei besticht die ungeheure Musikalität, mit der die vier den Kompositionen Leben einhauchen. Die Gruppe offeriert einen modernen Jazz auf höchstem Niveau, der die besten Elemente aus der Historie originell zusammenführt und sie zu einem überzeugenden Ansatz vereint.
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