Im Bannkreis des Songs
Courtney Marie Andrews beim Open-Air-Konzert in der Manufaktur in Schorndorf
Courtney Marie Andrews mit Band (Fotos: C. Wagner)
cw. Wenn es so etwas wie ein perfektes Konzert überhaupt gibt, dann kam der Dienstagabend (22. August 2023) im Club Manufaktur in Schorndorf ziemlich nahe an dieses Optimum heran. Als der Auftritt kurz nach 20:00 begann, hatte sich die Hitze des Tages auf ein erträgliches Maß gelegt. Gestärkt von einer Roten Wurst mit Wecken und mit einem kühlen Getränk in der Hand konnte man sich in der lauen Abendluft in den bequemen Plastikstühlen zurücklehnen und dem Geschehen die volle Aufmerksamkeit schenken. Der Sound war astrein eingestellt und optimal ausgepegelt – nicht zu laut und nicht zu leise –, die Musik war voller Eindringlichkeit und poetischer Kraft. Geht's noch besser?!!!
Courtney Marie Andrews kam im weißen Leinenkleid auf die Bühne. Zuerst sang sie ein paar Titel alleine, bevor es mit ihren beiden Begleitmusikern im Trio weiterging. Die großen Intervallsprünge ihrer Eröffnungssongs ließen kurz an Joni Mitchell denken, ein Eindruck, der aber verflog, als die Band dazukam. Hier war eine Singer-Songwriterin am Werk, die vollkommen ihre eigene Identität gefunden hat und die es verstand, eine fast magische Stimmung zu erzeugen, die das ansehentliche Publikum vollkommen in den Bann zog. Als Andrews dann im Laufe des Auftritts noch ein paar Ohrwürmer ihres aktuellen Albums „Loose Future“ auspackte, hätte man vor Begeisterung gerne die Zeit angehalten und in die Textzeile eingestimmt: „These are the good old days, don't let time slip away!“
Dieses Lied ist einer ihrer wenigen positiveren Songs, denn meistens handeln die Texte von den Kalamitäten des Lebens, von Beziehungskrisen, Liebeskummer, Abstürzen und Einsamkeit, wobei sie ihr Herz völlig ungeschützt auf den Tisch legt, wie es in einem anderen ihrer Lieder heisst.
Die beiden Begleitmusiker waren jene Art von Profis, die sich vollkommen in den Dienst der Musik stellen und jedes egozentrische Gehabe vermissen lassen. Der Drummer spielte äußerst sparsam: fein durchdachte, genau auszirkulierte Schlagmuster, die er für jeden Song anders gestaltete, wobei er später zum Elektropiano wechselte und auch an diesem Instrument ähnlich wohldosiert und mannschaftsdienlich agierte.
Der Bassist, der dem Aussehen nach auch in den sechziger Jahren bei der Allmann Brothers Band nicht aufgefallen wäre, lieferte unaufdringliche Läufe und war doch immer präsent, wobei er vollkommen synchron mit dem Schlagzeug agierte. Darüber hinaus steuerte er einen äußerst effektvollen Harmoniegesang bei, der kaum eindringlicher hätte sein können. Überraschenderweise sang er als Mann im Falsett die Oberstimme der "Close Harmony"-Sequenzen.
Nach ein paar Nummern wechselte Courtney Marie Andrews zur elektrischen Gitarre, später zum E-Piano. Dabei wählte sie für jeden Song einen anderen Sound, was den Auftritt nie eintönig werden ließ. In einem Lied klang die Band so robust und roh wie Neil Young’s Crazy Horse, ein andermal lieferte ein wabbernder Gitarrenklang die Begleitung, während sie am E-Piano mit einem Effektgeräte Hawkwind-ähnliche Synthi-Sounds erzeugte ("Silvermachine"), was eigentümlicherweise dennoch vollkommen konsistent selbst mit den akustischen Nummern war.
Nach zwei Zugaben bedankte sich die Singer-Songwriterin sichtlich bewegt beim Publikum, das so „polite and quiet“ ihren Liedern gelauscht hatte – große Andacht hätte man auch sagen können oder mit Lou Reed: "Just a perfect day"!
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