Tuesday, 23 September 2025

Jahrhundertkonzert: Johnny Cash, Jerry Lee Lewis & Carl Perkins in Böblingen 1981

Von Abba bis Zappa – Als Sindelfingen und Böblingen den Südwesten rockten (1964-1984)

2. POPtalk zur Buchvorstellung 

Dabei die Zeitzeugen: TV-Regisseur Michael Maschke, Fotograf Martin Schultz und Hans-Peter Haag (Concertbüro Music Circus)

Foto: Michael Schmidt / Archiv Kreiszeitung Böblinger Bote


Michael Maschke, ehemaliger TV-Regisseur beim SDR in Stuttgart, ist einer der Zeitzeugen beim 2. POPtalk in Böblingen (Blaues Haus), am Samstag, den 18. Oktober 2025 (Beginn: 20 Uhr). Er wird über das Konzert berichten, bei dem er für ein Feature für den SDR mit einem Kamerateam 1981 Johnny Cash filmte, wobei nach der Pause – ohne jede Vorankündigung – plötzlich Jerry Lee Lewis und Carl Perkins mit Cash und June Carter Cash auf der Bühne standen. Das Publikum stand Kopf! Die Besucher konnten ihr Glück kaum fassen bei diesem später als 'Jahrhundertkonzert' tituliertem Auftritt anwesend zu sein. Beim Auftritt waren Dreiviertel des sogenannten 'Million Dollar Quartet' zu sehen – nur einer fehlte: Elvis. Im Buch ist ein Kapitel diesem legendären Konzert gewidmet. 

Aus seinem damals gedrehten Filmmaterial hat Michael Maschke dazu einen kleinen Trailen zusammengestellt.

Der Trailer ist auf Vimeo zu sehen. Hier der link:

 https://vimeo.com/1121142612

Wednesday, 17 September 2025

Zum 10. Todestag des Troubadours Christof Stählin

Das Leben ein Trampelpfad

Christof Stählin (1942-2015)

Christof Stählin gezeichnet von Jürgen von Tomei


Ich habe ihn immer wieder einmal zum Interview besucht, um mehr über die Frühzeit der deutschen Liedermacherbewegung zu erfahren (Waldeck-Festivals , der damalige Konflikt zwischen Polit- und Privatliedern etc.) Er gab immer bereitwillig Auskunft, erwies sich als sehr ergiebige Quelle. Damals wohnte er in einer kleinen Gemeinde im Killertal, dann in einer Wohnung am Hechinger Marktplatz. Er war jedes Mal ein inspirierender Gesprächspartner, der sich seine eigenen Gedanken zum Zeitgeschehen machte. Im Kern ein Romantiker, der  sich zur Aufgabe gemacht hatte, die Poesie in den Falten des Alltags aufzuspüren.

Christof Stählin (Foto: Christoph Wagner)


Dann haben wir vom Balinger Kulturverein Christof Stählin zweimal zu Konzerten eingeladen, einmal für die 'Balinger Sommersprossen' in die Siechenkirche. Er lebte ja ganz in der Nähe. Seine Auftritte waren seltene Ereignisse, Treffpunkte von Poesie und Geist. Vor zehn Jahren ist Christof Stählin gestorben. Seine Lieder sind nicht in der Versenkung verschwunden, sondern werden von seinen Schülern gepflegt. Auf seinem letzten Album findet sich – vielleicht der stärkste Song der Platte – das Lied vom 'Trampelpfad' – eine Art Lebensphilosophie. Die Coverversion von Ulrich Zehfuß & Luis Schwamm – ein schönes Andenken. Ich würde sagen: geglückt!!!!



 

Mehr Infos:

https://christophwagnermusic.blogspot.com/2013/01/christof-stahlin-zum-70.html

Tuesday, 16 September 2025

THE GREAT SITAR EXPLOSION

Raga-Rock

Wie die Sitar die Rockmusik revolutionierte


Die Beatles 1966 in Indien


1967 – Summer of Love! Eric Burdon & The Animals wirbeln mit einem neuen Album mächtig Staub auf. Sein Titel: “Winds of Change”. Das Eröffnungsstück mit dem gleichen Namen kommt einer Aufzählung all der Pop-Rebellen und jungen Wilden gleich, die damals mit ihrer Musik für Aufruhr sorgten: Die Beatles, die Rolling Stones, Frank Zappa, The Mamas and Papas, Jimi Hendrix und - man höre und staune -: Ravi Shankar, der indische Sitarvirtuose!  


Shankars Einfluss hatte wohl auch die Animals dazu animiert, den Song in Sitarklänge zu tauchen, die damals als der letzte Schrei galten. In der 2. Hälfte der 60er Jahre war das indische Saiteninstrument mehr und mehr in Mode gekommen und hatte die Popmusik in exotische Klänge getaucht.


Die Sitar war Teil des ”Winds der Veränderung”, der damals die Popmusik erfasste. Neue Klänge verwandelten Beat zu Rock. Gitarristen erzeugten mit Verzerrern, Phasern und Wah-Wah-Pedal die abenteuerlichsten Sounds. Tonstudios wurden zu experimentellen Klanglabors umfunktioniert und Erfindungen wie der Synthesizer lieferten neuartige Töne. Der buntschillernde Klang der Sitar fügte sich da nahtlos ein.


Für die Woodstock-Generation wurde die Sitar zum Symbol östlicher Spiritualität und Mystik. Das Instrument stand für eine Sehnsucht nach dem Orient. Indien wurde zum Traumland der Gegenkultur verklärt  - zum exotischen Paradies, frei von den Malaisen der westlichen Moderne. Mit Hermann Hesse, Zen-Buddhismus und transzendentaler Meditation hoffte man Erleuchtung zu finden und zu den Quellen der Weisheit vorzustoßen. Räucherstäbchen, indische Tücher, Kettchen und Sandalen avancierten zu Kennzeichen von Aussteigern und Zivilisationsmüden auf der Suche nach anderen Daseins- und Bewußtseinsformen. 


Die Beatles machten es vor. 1967 besuchten die vier Pilzköpfe in Bangor in Wales einen Kurs für transzendentale Meditation beim indischen Guru Maharishi Yogi, um ihn später in Indien erneut zu besuchen. Die Presse berichtete ausführlich.


Vor der spirituellen Suche waren die Beatles musikalisch fündig geworden. Bereits 1965 tauchte auf dem Titel “Norwegian Wood” vom Album “Rubber Soul” eine indische Sitar auf - das erste Mal in der Geschichte der Popmusik. Sie wurde vom Leadgitarristen George Harrison gespielt und verlieh dem Song einen ganz speziellen Charakter. Das klang frisch und neu! 


Der Sound sorgte für Furore. Immer mehr Popgruppen setzten das exotische Zupfinstrument ein, und mehr und mehr Stücke landeten in den Charts, auf denen die schwirrenden Töne der Sitar zu hören waren. Bald machte in der Presse das Wort von der “Great Sitar Explosion” die Runde.


Dass die Sitar so große Beachtung fand, war das Verdienst hauptsächlich eines einzigen Musikers: Ravi Shankar! Sein Name wurde zum Synonym nicht nur für die Sitar, sondern für exotische Musik überhaupt. 

Shankar war 1956 zum ersten Mal für Konzerte in den Westen gekommen. In England, Deutschland und den Vereinigten Staaten stellte er ein Programm aus Ragas vor und nahm in London sein erstes Album auf. Weitere Einspielungen folgten. Shankars Popularitätskurve zeigte steil nach oben. 1967 trat er beim ersten großen Popfestival der Geschichte im amerikanischen Monterey auf. Stars wie Jimi Hendrix, Janis Joplin und The Who lagen ihm zu Füßen. Der indische Sitarvirtuose stieg zu einem Idol der Blumenkinder auf. 1969 beim Woodstock-Festival feierte ihn eine halben Million Zuhörer nach einem spektakulären Auftritt.


Jazzgitarrist Gabor Szabo wirbt für ein Sitar-Imitat




Durch die Unterstützung junger Popstars wurde Ravi Shankar selbst zum Star. Bei einer Aufnahme-Session 1964 in Los Angeles hatte er den Folkrockmusiker David Crosby kennengelernt. Crosby steckte mit seiner Sitar-Begeisterung nicht nur seine Kollegen von der Gruppe The Byrds an, sondern auch die Beatles. 


Obwohl die Byrds selbst nie das Instrument einsetzten, spielten sie im Herbst 1965 ein paar Titel ein, auf denen sie mit der elektrischen Gitarre den Sound des indischen Saiteninstruments nachahmten. Nach dem Gesang greift im Titel “Why” Roger McGuinn, der Gitarrist der Byrds, energisch in die Saiten, wobei er die Töne in Sitar-Manier zieht und biegt.


Ravi Shankars Konzerte im Westen fanden ein beachtliches Echo. Der Starviolinist der klassischen Musik Yehudi Mènuhin wurde sein größter Fan. Auch Popmusiker horchten auf - die ersten waren die Yardbirds. Sie hatten noch vor den Beatles und “Norwegian Wood” mit der Sitar experimentiert. Zur ersten Aufnahmesession mit der Band hatte ihr damals neuer Gitarrist Jeff Beck das Instrument mit ins Studio gebracht. Beck besaß ein Ohr für außergewöhnliche Sounds und gab dem Titel “Heart Full of Soul” einen psychedelischen Touch. Doch die Schallplattenfirma stellte sich quer. Der Sitar-Sound wurde als zu skurril empfunden. Erst mit den Beatles stieg die Akzeptanz. Die Yardbirds musste deshalb eine zweite Version aufnehmen, diesmal mit E-Gitarre statt Sitar.


In den Regenbogenklängen der Sitar manifestierte sich der Zeitgeist der Hippie-Ära, der sonst in bunten Batik-T-Shirts, bewußtseinserweiternden Drogen und pulsierenden Lightshows zur Geltung kam.  Für die meisten Popbands war die Sitar nur ein modischer Gag. Nicht für George Harrison von den Beatles, der bei Ravi Shankar ernsthaft Unterricht nahm. 


Immer wieder griff Harrison auf das Instrument zurück, etwa auf “Love to you” vom Album “Revolver” von 1966. Tiefer drang er im Stück “Within you, without you” in die indische Musik ein, das auf “Sgt. Pepper” von 1967 enthalten ist.


Die Beatles und die Yardbirds fungierten als Türöffner. Die Rolling Stones, die Animals, Traffic, The Move und Donovan folgten nach. Für einen kurzen Zeitraum avancierte die Sitar zum absoluten Modeinstrument des Pop. Das Wort vom “Raga Rock” machte die Runde, ein Begriff, der von der typischen Musikform Indiens namens Raga   entlehnt war, mit der die Sitar am engsten verbunden ist.


Dave Mason von Traffic mit Sitar




Selbst Folkmusiker öffneten sich dem Neuen. Die Incredible String Band und ihr Produzent Joe Boyd ließen sich von exotischen Klängen verzaubern. Neben Robin Williamson war Mike Heron die andere Hälfte des Duos aus Schottland, das innerhalb weniger Jahre von einer traditioneller Folkcombo zu einer psychedelischen Acid-Folk-Band mutierte, ein Sprung, zu dem neben Drogen vor allem das exotische Instrumentarium beitrug. “Nachdem wir das erste Album gemacht hatten, ging Robin nach Marokko und hatte eigentlich nicht vor, zurückkommen. Als er zurückkehrte, brachte er eine Menge Musikinstrumente mit und hatte all diese Songs geschrieben - sehr inspiriert,” erinnert sich Mike Heron. “Wir taten uns wieder zusammen, fuhren nach London und nahmen unser zweites Album auf: Five-thousand Spirits, das viel psychedelischer klang. Wir zogen einen Sitarspieler hinzu, weil ich damals noch nicht Sitar spielen konnte. Robin spielte eine Vielzahl von Instrumenten: Flöte, Geige, Perkussion. Ich spielte dagegen nur Keyboard und Gitarre - das war alles. Das brachte mich dazu. die Sitar zu erlernen. Wir hatten das Gefühl, das sie gut zu den Songs passte. Ich nahm Unterricht bei einem indischen Sitarspieler in London, der mir ein Instrument besorgte und mir die Grundlagen beibrachte. Ich konnte ein bißchen spielen und wurde besser. Das Lied “Nightfall” stellt den Höhepunkt meines Sitarspiels dar. Danach gab ich es auf.”   


Mike Heron (The Incredible String Band) mit Sitar




Von Großbritannien sprang der Funke aufs europäische Festland über. In Deutschland griff die Münchner Underground-Formation Amon Düül 2 den Trend auf. Weil es die exotischen Klangerzeuger nirgends zu kaufen gab, griff man kurzerhand zur Selbsthilfe und entwendete zwei tibetanische Schalmeien sowie eine Sitar aus dem Münchner Stadtmuseum, die 1970 auf dem Album “Tanz der Lemminge” zu hören war.


Größere Bedeutung besaß die Sitar für die Gruppe Krokodil. Das Saiteninstrument avancierte zum Wahrzeichen der Band und zierte sogar ihr Logo. Krokodil stammten eigentlich aus Zürich, wurden aber zur deutschen Szene gerechnet, weil sie pausenlos zwischen Konstanz und Flensburg unterwegs waren, sowie beim Münchner Liberty-Label unter Vertrag standen. “Wir haben ziemlich schnell Stücke gemacht, die psychedelisch angefangen haben, also z.B. mit Sitar und Congas, und mehr solchem indisches Zeug, und dann haben wir das sich entwickeln lassen und nach einer halben Stunde sind wir erst auf den Punkt gekommen. Wir haben auf der Bühne improvisiert und Stimmungen erzeugt. Das ist das Markenzeichen von Krokodil gewesen,” erzählt Düde Dürst, Schlagzeuger der Band. “Das hat eigentlich sonst niemand in dieser Art gemacht - akustisch. Unser Gitarrist Walty Anselmo hat sich schon ganz ganz früh, also in den sechziger Jahren, für Sitar interessiert und besaß sogar mehrere Sitars. Wir haben das schön gefunden und total gut und passend zu unseren Ideen. Und deshalb haben wir gefunden, er müsste die Sitar einsetzen. Das ist einfach eine stimmige Geschichte gewesen und anders. Das hat es einfach so nicht mehr gegeben.”


Die Schweizer Rockband Krokodil mit Sitar




Als die Sitarwelle abebbte, verschwand das Instrument nicht völlig von der Bildfläche. Bis heute greifen Rockmusiker immer wieder darauf zurück  - ob Coldplay, die Red Hot Chilly Peppers, Lenny Kravitz oder Fatboy Slim. Auch bei Beck Hansen wird man fündig. Schon auf seinem Megahit “Loser” von 1994  trug eine Sitar zur Gesangsbegleitung bei, von Beck selbst gespielt und im Overdub-Verfahren im Studio dazugemischt. Ein paar Jahre später tauchte auf dem Album “Mutations” erneut eine Sitar auf. Diesmal hatte Beck den routinierten Sessionmusiker Warren Klein ins Studio geholt, der schon in den 60er Jahren in der Gruppe Fraternity of Man das indische Instrument gespielt hatte. 


Für Popmusiker aus Großbritannien mit indischem Migrations-Hintergrund ist die Sitar zum Wahrzeichen ihrer Identität geworden. Das Instrument gibt ihnen das Gefühl, mit ihrer ehemaligen Heimat weiterhin verbunden zu sein. Musiker und Bands aus diesem Milieu sorgen dafür, dass es auf der Popszene präsent bleibt. Die Gruppe Cornershop aus Leicester in Mittelengland wurde 1997 durch ihren Megahit “Brimful of Asha” zu einem Begriff. In ihrem ganz speziellen anglo-indischen Ethno-Pop taucht neben den Tablas und dem Harmonium auch die Sitar auf.


Am weitesten wagt sich Anoushka Shankar vor. Die Tochter des Sitarpioniers Ravi Shankar bastelt an der großen Weltmusik-Synthese. In ihrer Musik wird alles durcheinander gewürfelt: verfremdete Sitarklänge, neuste Studio-Elektronik, Elektro-Beats, Synthi-Sounds und Tablas. Dabei entsteht ein Ethno-Mix des 21. Jahrhunderts, der tauglich für Dancefloor und Weltmusik-Disco ist. Erfolgreich surft die Sitar auf jeder neuen Welle des Pop.


Thursday, 11 September 2025

SCHEIBENGERICHT NR. 47: Stabbins / Tippett / Moholo

Vergnüglicher Freejazz:

Larry Stabbins / Keith Tippett / Louis Moholo-Moholo

Live in Foggia

Ogun Records



Mit Louis Moholo-Moholo verstarb im Juni dieses Jahres der letzte der südafrikanischen Jazzmusiker, die 1964 vor der Apartheid nach Europa flohen und schließlich in London landeten. Neben den Blue Notes und seinem eigenen Ensemble spielte der Drummer in einem Trio mit Keith Tippett, dem Meisterpianisten des englischen Freejazz, sowie Larry Stabbins, der als Saxofonist in der Impro-Szene aktiv war, aber auch mit der Popjazzgruppe Working Week Chartserfolge feierte.


Das Album enthält den Mitschnitt eines raren Auftritts des Trios, der 1985 im italienischen Foggia (Apulien) stattfand und die drei in blendender Form zeigt. Es beginnt mit Bedacht. Vereinzelte Beckenschläge bringen den musikalischen Prozeß in Gang. Das Piano träufelt ein paar simple Figuren ein, bevor das Saxofon das Motiv aufnimmt und zu einem ersten furiosen Powerplay steigert, das danach langsam wieder abebbt. Eine spontane Berg- und Talfahrt beginnt, die die unterschiedlichsten Klanglandschaften durchquert, wobei die Musiker zwischen tonalem und atonalem Spiel hin- und herpendeln. Manchmal wird ein melancholischer Ton angeschlagen, dann wieder aufbrausend oder versonnen musiziert. Township-Melodien und eine Jazzballade werden eingeflochten, trancehafte Gesänge und geisterhafte Flötentöne angestimmt. So abwechslungsreich und vergnüglich kann freier Jazz sein.


Hörprobe:

https://ogun3.bandcamp.com/album/larry-stabbins-keith-tippett-louis-moholo-moholo-live-in-foggia


Friday, 5 September 2025

Von Abba bis Zappa – ab 17. September im Buchhandel

Frisch aus der Druckerpresse


Gestern kam es mit der Post druckfrisch aus der Presse: "Von Abba bis Zappa – als Sindelfingen und Böblingen den Südwesten rockten (1964-1984)". Zwei Jahre Arbeit – ufff!
Das Buch dreht sich um die Geschichte, wie durch das Stuttgarter 'Pop-Verbot' Anfang der 70er Jahre die beiden Nachbarstädte in der Provinz zu Metropolen internationaler Rockkonzerte wurden und das für Jahrzehnte. Jede Rockstar mit Rang und Namen trat dort auf: Black Sabbath, Pink Floyd, Status Quo, Queen, Soft Machine, AC/DC, Leonard Cohen, Johnny Cash, Judas Priest, Iron Maiden, Trio, Police, Miles Davis, Depeche Mode – you name it. Sie waren alle da.
Ab Mittwoch, den 17. September, wird das Buch im regulären Buchhandel erhält sein. Im Oktober beginnen dann unsere POPtalks genannten Begleitveranstaltungen mit interessanten Gästen.

Mehr Infos:

Von Don Cherry gelernt: Der schwedische Baßklarinettist Christer Bothén

Jazz als universale Weltmusik

Christer Bothén über seine Jahre mit Don Cherry und die neue Gruppe Cosmic Ear



Mit 84 Jahren gilt er als ein Großer des skandinavischen Jazz: Der Multiinstrumentalist Christer Bothén (Jg. 1941) aus Stockholm ist seit den 1960er Jahren ein Fixpunkt der dortigen Jazzszene. In den 1970er Jahren arbeitete er mit Don Cherry zusammen, als dieser für vier Jahre in Schweden lebte. Mit der Gruppe Cosmic Ear erweist Bothén jetzt Don Cherry seine Referenz.


Sie sind bildender Künstler und Jazzmusiker. Wie verlief Ihre Karriere?


Christer Bothén: Ich ging fünf Jahre lang auf die Kunstakademie in Gothenburg, um Malerei und Bildhauerei zu studieren. Ich spielte damals New-Orleans-Jazz. Mein Vorbild war Johnny Dodds. Danach kam Charlie Parker, dann Ornette Coleman, John Coltrane – ich wurde ein begeisterter Anhänger des neuen Jazz, nahm zur Klarinette, das Tenorsaxofon dazu. 1969 ganz Hippie, trampte ich per Autostop nach Marokko. Ornette Coleman war in Marokko gewesen, auch Jimi Hendrix – das machte es attraktiv. Dort begegnete ich der Gnawa-Musik. Der Klang der Gnawa-Instrumente verzauberte mich. Ich hatte noch nie solche Trance-Musik gehört, war von diesem Sound wie betört. Durch die Gnawa-Musik kam ich nach Mali. Dort lernte ich das Spiel auf dem Saiteninstrument Donso Ngoni, ein heiliges Instrument.


 In Schweden spielten sie mit Don Cherry. Wie kam es dazu? 


CB: Er klopfte eines Tages an meine Tür. Zuerst dachte ich, er hätte sich in der Adresse geirrt. Das Mißverständnis klärte sich schnell auf, da er mit mir Musik machen wollte. Ein Freund hatte ihm eine Donso Ngoni aus Mali geschickt und er wollte, dass ich ihn unterrichte. Wir fingen an, zusammen Musik zu machen. Wir tourten 1973 ausgiebig in Europa. Bald setzten wir die Donso Ngoni in Konzerten ein. Ich brachte ihm die Spieltechnik bei und er zeigte mir, wie er mit Ornette Coleman improvisiert hatte.


War das eine feste Gruppe?


CB: Wir hatte ein Trio mit dem Schlagzeuger Bengt Berger, Cherry und mir. Manchmal kamen andere Musiker dazu, etwa der Saxofonist Bernt Rosengren.


Sie kamen durch Cherry nach New York ….


CB: Er rief mich eines Tages an: Ich solle nach New York kommen. Also machte ich mich auf den Weg. Ich lernte die avantgardistische Jazzszene kennen, spielte mit dem Jazz Composer’s Orchestra. Wir nahmen den Soundtrack zu Alejandro Jodorowskys Film “Holy Mountain” auf und traten auf dem Newport Jazzfestival auf. Ich traf sie alle: Carla Bley, Mike Mantler und freundete mit dem Saxofonist Frank Lowe an. Wir spielten auf unsere Tenorsaxofonen bei Nacht im Central Park. Ich war damals ein junger Musiker und von diesen Begegnungen überwältigt. Ich wohnte bei Don Cherry, spielte mit Frank Lowe. Es war wie im Traum.


Sie haben jetzt ein Album zu Ehren von Don Cherry aufgenommen. Wie kam es dazu?


CB: Es war Mats Gustafssons und Goran Kajfeš’ Idee. Sie brachten die Band Cosmic Ear zusammen. Sie wollte mich dabei haben wegen meiner Verbindung zu Don Cherry. Wir musizieren auf die selbe Weise, mit ein paar kleinen Melodien, wobei die Form improvisiert ist.


Der Jazz wird dabei zur “Weltmusik” ganz im Geist von Don Cherry ….


CB: Dass wir kein konventionelles Schlagzeug haben, macht die Musik transparenter und führt sie in eine andere Richtung. Für mich ist es wunderbar mit jüngeren Musiker zu spielen, weil man sonst abgehängt wird. Allerdings: Wenn wir musizieren, spielt das Alter keine Rolle.


Cosmic Ear: Traces (We Jazz Records)