Friday, 28 September 2012

EARLY MUSIC: Ensemble Officum


Engelszungen
 
Das Tübinger Ensemble Officium feiert mit früher Vokalmusik internationale Erfolge

KONZERT:
 3. Oktober 2012, 20 Uhr: Ensemble Officium - Camino de Santiago (frühe Mehrstimmigkeit und mittelalterliche Gesänge aus der Kathedrale von Santiago de Compostela)
Tübingen, Johanneskirche

von Christoph Wagner

Im Englischen spricht man von “Early Music”, was im Deutschen “Frühe Musik” heißt - und die wird immer populärer. Ob Mönchsgesänge aus dem Mittelalter oder mehrstimmige Motetten aus der Renaissance, immer wieder haben es in den letzten Jahren Einspielungen mit Klängen der Vor-Barock-Zeit auf die Bestseller-Liste geschafft. Der Erfolg der CD des Hilliard Ensembles mit dem Jazzsaxofonisten Jan Garbarek kann als leuchtendes Beispiel gelten: 1,5 Millionen verkaufte Exemplare!
 
Auch Südwestdeutschland hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten. In Tübingen ist der beste Profi-Chor für Renaissance-Musik Deutschlands zuhause, das Ensemble Officium, das mit seinen CD-Einspielungen und Konzertauftritten international aufhorchen läßt.
 
Noch im Sommer 2011 konnte man die Gruppe in Mössingen antreffen, wo Aufnahmen für eine neue CD gemacht wurden, die den Renaissance-Komponisten Leonhard Lechner in den Mittelpunkt stellt. Vor der Peter-und-Paul-Kirche, einem Gotikbau des 16. Jahrhunderts, stand ein Aufnahmewagen des Südwestrundfunks in der Sonne, von dem dicke Kabelbündel in die Kirche führten. Drinnen waren ein Dutzend Mikrofone aufgebaut, um die sich zwei Dutzend Sänger und Sängerinnen gruppierten. Ensembleleiter Wilfried Rombach gab auf einem kleinen Keyboard die Stimmung vor, hob den Taktstock, und eine mächtige Vielstimmigkeit erfüllte den Kirchenraum.
 
Seit 12 Jahren ist das Ensemble Officium aktiv. Gegründet wurde es in Heidelberg als Chor ambitionierter Amateure. Als Chorleiter Rombach nach Tübingen umzog, um die Kantorenstelle an der katholischen Pfarrkirche St. Johannes anzutreten, verlagerte sich der Arbeitsschwerpunkt in die schwäbische Universitätsstadt. Mit dem Ortswechsel wurde gleichzeitig eine Professionalisierung vollzogen. Heute bilden nur noch Berufssängern das Ensemble, von denen etliche - wie Rombach selber auch - noch im Südfunkchor Avantgarde-Musik singen.
 
Rombach ist der Kopf des Ensembles und Mädchen für alles. Er entwickelt die Ideen für neue Programme, stellt die Gruppe zusammen, verhandelt mit Festivalveranstaltern und bearbeitet die Notenpartituren, die oft im Handel gar nicht erhätllich sind und deswegen vollständig abgeschrieben werden müssen - eine Heidenarbeit! “In dem Moment, wo ich die Noten meinen Sängern schicken kann, ist das meiste geleistet”, weiß der Chorleiter aus Erfahrung.
 
Immer wird projektbezogen gearbeitet und zielgenau auf einen Auftritt hingeübt. Zwei Tage vor einem Konzert kommen die Sänger nach Tübingen zum intensiven Proben. Danach reist man gemeinsam an den Auftrittsort, ob nach Italien oder Polen, wobei sich an einen Auftritt oft noch einen Plattenaufnahme anschließt, die sonst viel zu teuer käme.
 
Die Anforderungen an die Sänger ist enorm. Gefragt ist eine unverschnörkelte Tongebung, die ohne Vibrato auskommt, ein Gesangsstil, der sich fundamental vom Opernsingen unterscheidet. Sachlichkeit und Präzision sind gefragt, nicht Einfühlsamkeit und Leidenschaft. Darin hat es das Ensemble Officium zur Meisterschaft gebracht.

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