Irmler & Wolfarth: Die Klangfarbenmaschine
Der lila Himmel der Avantgarde:
Sanft und brachial
Hans Joachim Irmlers verzwirbelte Elektronik-Klänge treffen auf die subtilen Trommelsounds von Christian Wolfarth
Foto: C. Wagner
von Christoph Wagner
Als Schlagzeuger ist der
Schweizer Christian Wolfarth ein Asket. Er hält sich mit Virtuosität zurück,
spielt unaufdringlich und sparsam, doch vor allem versucht er seinem Instrument
neue Dimensionen abzugewinnen. Wolfarth
(Jahgang 1960) ist ein musikalischer Tüftler und Sinnsucher, der sein
Schlagwerk in ein Medium der Poesie verwandelt.
Seine Palette an
Spieltechniken wird von unorthodoxen Praktiken bestimmt. So streicht er etwa
mit dem Geigenbogen ein Cymbal, um es zum Summen zu bringen, oder er kratzt mit
einem Trommelstock darauf, bis es hell aufkreitscht. Dazu reibt und schabt er
auf den Trommelfellen, um die skurrilsten Klänge zu erzeugen. Der Zürcher
begreift das Schlagzeug weniger als Rhythmusinstrument, denn als
Klangfarbenmaschine und entwirft eine Trommelmusik, die nie aufdringlich,
sondern immer wohldosiert und originell ist.
Wolfarth spielt kein
Schlagzeug von der Stange. Auf die große Fußtrommel verzichtet er völlig. Sein
Instrument besteht aus verschiedenen Trommeln und Becken, die er über die Jahre
zusammengetragen hat und immer wieder neu ordnet und ergänzt. Dieses Perkussionsarsenal
bringt er in eine Kollaboration mit dem Faust-Elektroniker Hans
Joachim Irmler ein, die zwischen den Polen sanft und brachial schwankt und
nicht immer angenehm in den Ohren liegt. Gleich im langen
Titelstück namens “Illumination” schlägt Irmler recht harsche Töne an, die
Wolfarth mit perkussiven Effekten anreichert.
Hier wie bei den anderen
Stücken bildet ein charakteristischer Sound den Ausgangspunkt. Er wird so lange
ausgehalten, wiederholt, variiert, ausgebaut und verfärbt, bis sich langsam
eine Struktur ergibt. Wolfarth akzentuiert Irmlers elektronisch verzwirbelte
Klänge mit Trommelwirbeln oder filigranen Beckenschlägen. Töne werden
langgezogen und gedehnt. Dazwischen klingt immer wieder ein Metallbecken
schrill auf oder es sorgt ein sich überlagerndes Trommelspiel für dramatische
Verdichtung.
Dagegen wird in den
Titeln “Tiptoed” und “Hold am Goldammer” ein sanfterer Ton angeschlagen.
Ambientartige Soundwellen ebben auf und ab und beginnen vielfarbig zu
schimmern. Die Musik gibt Rätsel auf. Elektronik und Schlagwerk klingen so
perfekt zusammen, dass oft nicht auszumachen ist, welcher Klang von welchem
Instrument stammt. Ein faszinierendes Verwirrspiel der Klänge entfaltet sich im
Raum. Christoph Wagner
Irmler & Wolfarth: Illumination (Klangbad)
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