Wednesday, 5 September 2012

Irmler & Wolfarth: Die Klangfarbenmaschine


Der lila Himmel der Avantgarde:

Sanft und brachial

Hans Joachim Irmlers verzwirbelte Elektronik-Klänge treffen auf die subtilen Trommelsounds von Christian Wolfarth

                                                                                        Foto: C. Wagner
von Christoph Wagner
 
Als Schlagzeuger ist der Schweizer Christian Wolfarth ein Asket. Er hält sich mit Virtuosität zurück, spielt unaufdringlich und sparsam, doch vor allem versucht er seinem Instrument neue Dimensionen abzugewinnen.  Wolfarth (Jahgang 1960) ist ein musikalischer Tüftler und Sinnsucher, der sein Schlagwerk in ein Medium der Poesie verwandelt.
 
Seine Palette an Spieltechniken wird von unorthodoxen Praktiken bestimmt. So streicht er etwa mit dem Geigenbogen ein Cymbal, um es zum Summen zu bringen, oder er kratzt mit einem Trommelstock darauf, bis es hell aufkreitscht. Dazu reibt und schabt er auf den Trommelfellen, um die skurrilsten Klänge zu erzeugen. Der Zürcher begreift das Schlagzeug weniger als Rhythmusinstrument, denn als Klangfarbenmaschine und entwirft eine Trommelmusik, die nie aufdringlich, sondern immer wohldosiert und originell ist.
 
Wolfarth spielt kein Schlagzeug von der Stange. Auf die große Fußtrommel verzichtet er völlig. Sein Instrument besteht aus verschiedenen Trommeln und Becken, die er über die Jahre zusammengetragen hat und immer wieder neu ordnet und ergänzt.  Dieses Perkussionsarsenal bringt er in eine Kollaboration mit dem Faust-Elektroniker Hans Joachim Irmler ein, die zwischen den Polen sanft und brachial schwankt und nicht immer angenehm in den Ohren liegt. Gleich im langen Titelstück namens “Illumination” schlägt Irmler recht harsche Töne an, die Wolfarth mit perkussiven Effekten anreichert.
 
Hier wie bei den anderen Stücken bildet ein charakteristischer Sound den Ausgangspunkt. Er wird so lange ausgehalten, wiederholt, variiert, ausgebaut und verfärbt, bis sich langsam eine Struktur ergibt. Wolfarth akzentuiert Irmlers elektronisch verzwirbelte Klänge mit Trommelwirbeln oder filigranen Beckenschlägen. Töne werden langgezogen und gedehnt. Dazwischen klingt immer wieder ein Metallbecken schrill auf oder es sorgt ein sich überlagerndes Trommelspiel für dramatische Verdichtung.
 
Dagegen wird in den Titeln “Tiptoed” und “Hold am Goldammer” ein sanfterer Ton angeschlagen. Ambientartige Soundwellen ebben auf und ab und beginnen vielfarbig zu schimmern. Die Musik gibt Rätsel auf. Elektronik und Schlagwerk klingen so perfekt zusammen, dass oft nicht auszumachen ist, welcher Klang von welchem Instrument stammt. Ein faszinierendes Verwirrspiel der Klänge entfaltet sich im Raum. Christoph Wagner
 
Irmler & Wolfarth: Illumination (Klangbad)
 

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